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Warum schreit . . .

Warum schreit das Kind der weißen Frau so viel?

Am 3. März 1967 konnte man - hervorgehoben durch ein Hochzeitsfoto – im “Mannheimer Morgen" folgenden Text lesen: “Die ´Hochzeit des Jahres` feierten gestern der ceylonesische Blindenlehrer Rienzi A. und die deutsche Krankenschwester Monika aus Berlin.  Rienzi, ein früherer Volksschullehrer, der durch Krankheit blind wurde und sich jetzt maßgeblich beim Aufbau des Blindenwesens seiner Heimat beteiligt, hat an der Ilvesheimer Ausbildungsstätte für Blindenlehrer unter Professor Liebig studiert.  Zwischen den Semestern gründete der Ceylonese zu Hause mehrere Blindenschulen, die er jetzt, nach Ablegung der Prüfung, weiter ausbauen will.  Rienzi A. will seine in Ilvesheim erworbenen Kenntnisse dem Wohl der 1200 Blinden Ceylons widmen.  Im April wird das Paar Deutschland verlassen.  Unser Bild zeigt A. in seiner buddhistischen Heimattracht, dem Sarong, und seine junge Frau Monika bei der Trauzeremonie mit Bürgermeister Trapp im Rathaussaal."

Renke Korn erzählt in seinem Originalton-Hörstück "Warum schreit das Kind der weißen Frau so viel?" die Geschichte von Monika und ihrer Ehe mit Rienzi.  Renke Korn: "O-Ton-Hörstücke sind – wenn man mal von der immens wichtigen Bedeutung der richtigen Montage absieht - in der Regel Glücksfunde, auf die stößt, wer offene Ohren hat.  Im Falle von  »Warum schreit das Kind der weißen Frau so viel?« hatte ich das Finderglück gewissermaßen schon vor vielen Jahren, als ich Monika A. kennenlernte.  Aber bereit, mir ihre ungewöhnliche, spannende Lebensgeschichte auf Tonband zu erzählen, war sie erst, als ihre Kinder aus der Ehe mit einem Singhalesen sie mit dem Vorwurf konfrontierten, auch sie sei nicht frei von kulturellem Hochmut und weißem Rassendünkel.  Hatten nicht ihr ganzes Leben, diese Ehe, ihre Bereitschaft, mit ihrem blinden Mann auf Sri Lanka in einem Dorf unter einfachen Bedingungen zu leben, das Gegenteil bewiesen?  Sie, die als junges Mädchen Führungen durch den Buddha-Tempel in Berlin Frohnau machte, war sie denn nicht so sehr in der buddhistischen Geisteshaltung verwurzelt, daß für sie Äußerlichkeiten wie soziale Herkunft, Nationalität und Hautfarbe eines Menschen bedeutungslos waren?  Und hatte sie nicht viel zu sehr selbst als Frau eines dunkelhäutigen Mannes und Mutter dunkelhäutiger Kinder unter Diskriminierungen gelitten, um nicht jede Art von Rassismus zu hassen?

Monika A. ist sich nicht sicher, und ihre Erzählung ist auch ein Versuch, Klarheit über sich zu gewinnen - in aller Öffentlichkeit, denn sie und ich, wir sind der Meinung, daß diese Fragen, denen sie sich stellen mußte, wenn sie nicht ihre Kinder verlieren wollte, so oder ähnlich auch unser aller Fragen an uns sein müssen.  Und wir sollten uns nicht zu rasch mit unseren Antworten zufrieden geben, auch wenn wir erst gestern einem Schwarzen, der uns in gebrochenem Deutsch nach einer Straße fragte, freundlich weitergeholfen haben."

 

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Als CD erschienen in der Reihe “Ohrenweide” der Pharos Medien - s. Im Handel

 

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